Nordlandreise mit Wohnwagen 2017

  • Tag 21


    Von wegen 5:45 h ! Donnerstag früh um viertel vor fünf starten die Diesel rundum ihre Triebwerke und um viertel nach fünf klopft das Nummerngirl vom Check-In auf meinen Hänger.
    Ich springe in Jeans, Stiefel und T-Shirt und wisch mir den Schlaf aus den Augen. Am Schalter bekomm ich die Nummer meiner Reihe 17 zugeteilt und 200 Meter weiter ist wieder Schluß.


    Eine halbe Stunde später öffnet sich die Schranke und die Mopedfahrer werden nach vorne gewunken und fahren als erstes an Bord in ein niedriges Loch unter der Rampe in den ersten Stock.
    Ich muß den Airstream abhängen und Moped und Trailer mit Spanngurten auf der Schräge verzurren. Um halb sechs bin ich fertig und sichere mir einen Fensterplatz auf der Sonnenseite.


    Die Fähre ist ein 90 Meter langes Diesel-Monster mit fast 40.000 PS und Wasserstrahlantrieb. Das schnellste Schiff, das je eine Atlantiküberquerung geschafft hat und mit 89 km/h Top-Speed.
    Die Sonne scheint und ich hol mir teures Frystyck und dazu Kaffee mit Nachfylloption. Internet würde extra kosten, ich verzichte. Mit 35 Knoten geht es in 2 h 15 min über den Kattegat.


    Nur eine kleine Raucherecke im Heck ist offen, aber draussen wär es eh zu laut bei dem Tempo. Zurück am Fahrzeugdeck kommen wir kaum zu den Mopeds, so eng sind die Autos tetrisiert.
    Natürlich müssen die alle erst raus, bevor wir Mopedfahrer rauskommen. Ich biege draußen gleich ab Richtung Skagen und fahr mit einem Tankstop zum Kap zwischen Nord- und Ostsee.


    Bei Lidl besorg ich mir dort ein günstiges zweites Frystyk und genieße das "Amääiising !!!" der amerikanischen Kreuzfahrttouristen am Kap beim Anblick meines Mini-Airstreams.
    Dann geht es auf den Weg nach Süden, aber über Thisted, weil ich den Limfjord sehen möchte. Der Weg führt über flaches Acker- und Weideland mit vielen Windrädern und verstreuten Höfen.


    Erst am Limfjord wird die Landschaft wieder interessanter, rechts neben der Straße liegt Marschland mit viel Wasser und links der flache Fjord bis zum Horizont. Ein Binnenmeer.
    Dänemark hat keine ernstzunehmenden Berge zu bieten und auch Kurven sind eher selten, aber das Wetter ist bestens.


    Am Südende des Fjords biege ich zum Fotografieren rechts in einen geschotterten Parkplatz ab. Die Einfahrt sieht problemlos aus und ich will den Verkehr hinter mir nicht ausbremsen.
    Als ich mit über 60 km/h den Asphalt verlasse, taucht das Vorderrad in ein Schlagloch ein und die Honda springt daraus genau in das nächste, während ich bei Bodenkontakt bremse.
    Der Hänger hüpft wild hinterher und nur mit Glück fange ich die Fuhre ab, ohne auf die Fresse zu fallen und damit das schöne Moped zu ruinieren. Wieder was gelernt! Vorher bremsen!


    Da die Landschaft südlich des Fjords nicht wirklich interessant ist, wechsel ich, so bald es geht, auf die Autobahn Richtung Süden mit Ziel Flensburg, Strecke machen.
    Werners Heimat erweist sich als hübsches Hafenstädtchen mit alten Schiffen in der Abendsonne und das Navi führt mich zum zweiten Mal zu einem nicht mehr existenten Campingplatz.


    Nach einer kurzen Anhängerbesichtigung schicken mich ortskundige Uranwohner in Glücksburg weiter nach Holnis, wo auch ein Ristorante am Camp sein soll. Nach 677 km laufe ich dort ein.
    Ich fahr auf den Platz und freu mich auf Pasta. Aber als ich um viertel vor 10 reinkomme, sitzen alle Gäste nur noch beim Wein. Der Koch ist 10 Minuten vorher nach Hause gegangen.


    HIER alle Bilder vom 21. Tag.
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  • Knapp 2500 Leute haben diesen tollen und spannenden Reisebericht gen Norden gelesen und mitgefiebert soviel Leute hättest Du nicht für einen Diaabend zusammen bekommen . Für mich waren die Tagesberichte spannend aber am meisten habe ich mich über die Blickwinkel Deiner Bilder gefreut . Man muss dafür schon ein besonderes Auge haben. Da ich selbst Skandinavien Liebhaber bin umso mehr kamen die Erinnerungen zurück.

  • Auch wenns ein schöner Bericht ist GOO es waren aber keine 2400 Leute die den Bericht gelesen haben. Das simd 2400 Aufrufe von dem Thema, wenn du also schon 10 mal das Thema aufgerufen hast, zählt das als 10 views.
    Das soll keinesfalls den Bericht schmälern.

    Gerade denkst du noch, die Welt liegt dir zu Füßen, und plötzlich bist du zu alt, dich nach ihr zu bücken.

  • Tag 22


    Am Morgen bittet mich der Campingplatzbesitzer zum Foto mit Gespann vor die Rezeption. Das ist noch geiler, als das Riesenwohnmobil mit dem Ferrari unten drin letztes Jahr, meint er.
    Und ich krieg nen Sonderpreis für die Übernachtung. Komplimente, die mich freuen. Richtung Kappeln geht es weiter durch das schöne und ruhige Land zwischen Flensburger Förde und Schlei.


    Es nieselt immer wieder und bei Schleswig wechsel ich auf die A 7 Richtung Hamburg. Das Navi leitet mich bald wieder von der Autobahn und an ner Tanke hol ich mir noch nen Kaffee Togo.
    Während im Radio über G20-Krawalle in Hamburg berichtet wird, wird es auf einmal wieder ganz warm. Südlich der Elbe kehrt der Sommer zurück und das Regenzeug wandert wieder in den Koffer.
    Ich fahre mit Jethelm und offenen Achselzippern. Die A 24 ist ne Pest mit drei Staus ohne Anlaß. Ich bilde eine Rettungsgasse, die Autofahrer sind meist kooperativ und machen den Weg frei.

    50 km vor Berlin steht links der Autobahn eine fette, fiese, schwarze Wolke vom Boden bis in 12 km Höhe. Ich hoffe erst, ich komm südlich vorbei, aber das Navi zeigt eine lange Linkskurve.
    Als die ersten Tropfen fallen, halte ich auf dem Standstreifen, wechsel den Helm und springe in meine Regenhose, aber für Regenjacke, Handschuhe und Gummistiefel ist es schon zu spät.


    Der Wolkenbruch zieht genau mit mir und nach 40 km unter Wasser verlasse ich ihn kurz vor dem Autobahnende und stoppe an der ersten Ampel. Sommerlich gekleidete Berliner sind unterwegs.
    Sie blicken ängstlich nach oben auf meine Wolke. Ich weiß schon, was jetzt passiert. Der Wolkenbruch holt mich ein und das Volk beginnt zu rennen. Die Ampel wird grün und ich fahr los.


    Der Wet-T-Shirt Laufwettbewerb wiederholt sich an drei Ampeln, bis ich in einer grünen Welle etwas Land gewinne und am Ende die Frankfurter Allee Richtung Friedrichshain hinausfahre.
    Ich suche mir nach 460 km einen Parkplatz am Gehsteig und kurz, bevor das Gewitter mich wieder einholt, bin ich im Treppenhaus bei meinen Freunden angekommen. Aber immer noch tropfnass.


    Kaffee wartet auf mich und ein langer Abend beginnt. Mit trockenen Klamotten, gutem Essen, einem Spaziergang nach dem Regen, dazu Eis, lange, gute Gespräche und noch mehr Espresso.
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  • Tag 23


    Am Samstag um zehn gibt's ein richtiges Frühstück und um 12 bringen mich die zwei mit dem Moped noch bis zur Stadtgrenze. Ich verabschiede mich Richtung Dresden zuerst auf der Autobahn.
    Im Spreewald wechsel ich auf die Landstraße zum Tanken und fahre dann auf dem kürzesten Weg autobahnfrei weiter über Golssen, Meißen und Oschätzchen in Richtung Passau.


    Bevor die Sonne untergeht, komm ich nach Tschechien und Pilsen durchquere ich schon im Dunklen. Über Bayerisch Eisenstein komme ich nach Cham und bin wieder auf der heimischen B 85.
    Jetzt findet das Moped den Weg von selbst und im Tiefflug geht es durch den Bayerischen Wald. Um halb zwölf komm ich in Passau an mit Kilometerstand 97.931 nach 562 km heute nachmittag.


    Die kleine Guzzi wartet vor der Tür auf ihre große Schwester und das Navi sagt: 248 Stunden in Betrieb, 167 in Bewegung, 81 Stunden Pausen, Gesamtschnitt 39 km/h, in Bewegung 58 km/h.
    Inklusive der zwei Navi-Ausfälle in Schweden und Finnland und den Fährstrecken komm ich nach der sonntäglichen Auswertung des Tracks auf 10.585 Kilometer Gesamtstrecke in 23 Tagen.


    Eine wirklich geile Tour, die ich nur weiter empfehlen kann. Zur richtigen Reisezeit und mit gutem Wetter und für mich trotz technischer Probleme mit vielen tollen Erfahrungen.


    Das Leben ist schön !!!
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  • Zum Abschluss noch ein schönes Lofotenvideo, das ich heute entdeckt habe.


    Sehr geil, noch mal bei Tageslicht und von oben zu sehen, was ich in Abend- und Mitternachtssonne "nur" aus der Radfahrerperspektive erlebt habe.


    Genießt diese sechs Minuten !

  • Klasse!, Mut, Stehvermögen, Übersicht und immer Kopf hoch! Alle technischen Probleme und gefährlichen Momente gemeistert!
    Einmalig schon wegen dem selbstgebauten Airstream, nur der Radler mit dem Sperrholzhänger schien noch eine Spur härter. Andererseits brauchte er für seinen Hänger nur alte Kisten, ein paar Nägel und afrikanisches Know How.
    Nicht zuletzt auch wirklich gut geschrieben und schöne Bilder.
    Hut ab auch für das Überstehen von Nässe und Kälte, da wäre ich satt gewesen :) .


    Danke für den interessanten Bericht!

  • Lieber Tommy,
    dem lobenden Beitrag von Limes kann ich mich nur anschließen - eine supertolle Unternehmung mit allen Facetten und ein ebenso toller Tourbericht! Chapeau!GOO Und danke für´s Zeigen!

    Gruß
    Hartmut - der aus dem Schwarzwald kommt



    Suzuki GS400, Suzuki GR650, Yamaha XJ650, Yamaha TR1, Kawasaki GTR1000, Yamaha XVZ1200, Honda Deauville 650, Honda Pan European ST1100, Yamaha XJ 900 58L, Honda PC 800 Pacific Coast, Honda XL600v Transalp