Mindestgeschwindigkeit auf Landstraßen?

  • Eigentlich ist es ganz einfach, der Straßenverkehr sollte doch von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sein....
    Ich bedränge keine Langsamfahrer durch dichtes auffahren, will sie ja nicht noch nervöser,
    ängstlicher oder dickköpfiger machen, in der Hoffnung, dass mir mal ein Überholvorgang erleichtert wird.
    Ich verzichte auch auf dem Motorrad häufiger auf meinen Vorrang, damit andere Verkehrsteilnehmer nicht zu lange warten müssen und, und, und...


    Ja, und wenn es erforderlich ist, jage ich in einem Zivilwagen mit Blaulicht andere Fahrzeuge von der Straße, aber selbst da erlebt man Dickköpfigkeit, Sturheit oder völlige Überforderung...
    In diesem Sinne...

  • yep, ganz rein theoretisch bräuchten wir im Wesentlichen nur § 1 StVO, der reicht für fast alles im fließenden Verkehr aus. Eine klassische Auffangnorm, aber es gibt halt welche, die werden das Prinzip dahinter nie verstehn.

  • So jetzt sage ich auch mal was dazu - vielleicht findet sich der eine oder andere wieder, vielleicht ernte ich aber auch nur Unverständniss.


    Also ich gehöre eher zu jenen, die mit dem Motorrad gerne mal zügig unterwegs sind obwohl ich auch schon mal im "Blümchenpflückermodus" unterwegs bin, aber eher seltener.
    Wenn ich nun hinter einem herfahre, der nicht schneller kann oder will, habe ich mehrere Möglichkeiten:
    1. der/die vor mir gehören zur gleichen Gruppe und wir sind zusammen unterwegs, dann fahre ich hinterher, egal wie langsam es auch geht (ich bin 2 Jahre hinter meinem auf 80 begrenzten Sohn hergefahren...) - ist aber eigentlich logisch, oder sieht das jemand anders?
    2. es ergibt sich eine Gelegenheit zum ungefährlichen Überholen, dann tue ich das.
    3. ich hoffe, dass sich unsere Wege an der nächsten Kreuzung trennen.
    Wobei 2. bzw. 3. recht oft vorkommen, ich kann mich nicht erinnern irgendjemanden 100 km hinterherfahren zu müssen (außer bei 1. natürlich).
    4. es ist eine schöne, geschwungene Motorradstrecke ohne Abzweigung und Überholmöglichkeit und der .... (beliebiges Schimpfwort einsetzen) macht keinen Platz, dann grummle ich vor mich hin und
    4.a) ich bumle hinterher in der Hoffnung auf 2. oder 3. oder
    4.b) ich halte an und warte eine Weile, auf passenden Straßen (z.B. gut einsichtigen Passstraßen) auch schon mal mitten auf der Straße mit Blick auf den nachfolgenden Verkehr und haue den Riemen auf die Orgel, wenn der Nachfolgende fast ran ist. Hab ich Glück, ist der Rest der Strecke dann frei, habe ich Pech, wiederholt sich das Spiel.
    Aber auch wenn ich vor mich hingrummle, werde ich dem vorfahrenden weder bedrängen noch erwarte ich es als mein Recht, dass der Platz macht, tut er es trotzdem, bedanke ich mich brav.


    So, das ist die eine Seite. Seit einer Weile bin ich aus unabwendbaren Gründen (die hier keine Rolle spielen) gezwungen in der Gegenpartei mitzumischen mit 4,5 t und 12 m Länge und in dem Zusammenhang gleich mal vorweg: sollte mal jemand aus dem Forum hinter mir herschleichen müssen: SORRY!
    Damit versuche ich alle Strecken zu vermeiden, die anderen "schnellen" Spaß versprechen könnten - geht aber nicht immer. Auch bin ich schon von gesetzes Wegen auf eine geringere Geschwindigkeit verdammt und selbst die kann ich aus technischen Gründen oft genug nicht einhalte bzw. will es nicht (wer schon mal mit 4,5 t den Momentanverbrauch beim Beschleunigen gesehen hat, wird das verstehen).
    Wenn ich dann merke, da kommt jemand von hinten, der schneller ist, gibt es wieder mehrere Möglichkeiten:
    1. es gibt genügend Möglichkeiten zum Überholen, dann liegt es am Folgenden ob er es tut und ich gehe dann schon mal vom Gas, wenn das dann etwas zu zögerlich stattfindet - werde aber ansonsten nicht groß langsamer.
    2. an der nächsten Ecke trennen sich unsere Wege.
    3. hinter mir kommt ein Motorradfahrer, der durch mich in der Sicht behindert wird und ich kann nach vorn erkennen, dass ein kurzer Gasstoß reichen wird an mir gefahrlos vorbei zu kommen, dann blinke ich kurz rechts - und jeder 4. oder 5. Motorradfahrer bedankt sich sogar dafür (könnten aber ruhig mehr sein).
    4. hinter mir haben sich mehrere angesammelt und ich erkenne vor mir eine gute Gelegenheit raus zu fahren, dann werde ich das tun. Aber: die Gelegenheiten das gefahrlos zu tun sind rar! Mit 12m Länge kann ich nicht mal so schnell anhalten und oft erkenne ich die Möglichkeiten viel zu spät um gefahrlos anzuhalten. Und: ich werde so ein Spiel nicht aller 2 km machen, dazu ist mir dann auch meine Zeit und mein Diesel zu schade. Aber: das war in den 2 jahren die ich damit unterwegs bin noch nie nötig! Alle derartigen Situationen waren entweder so gestaltet, dass es eh nichts gebracht hätte (Stau, Baustellen, allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzungen etc.) oder haben sich nach kurzer Zeit durch 1., 2. oder 3. aufgelöst.


    So, was bleibt? §1 der StVO - damit ist jedem geholfen, wenn er denn auch von allen gleichermaßen angewandt wird, von den Langsamen wie von den Schnellen. Lasst jedem seine Geschwindigkeit, auch wenn ihr mal in den Helm grummelt - es gibt immer noch Schlimmeres....

  • Na ja, kommt mir alles bekannt vor. Als ich damals in mein erstes untermotorisiertes Womo einstieg (3,1t Ducato Alkovenmobil, 2,5l Saugdiesel mit 75 PS :mrgreen: ), hab ich innerlich sofort auf Truckermodus ohne Zeitdruck umgestellt, sonst wird die Fahrt zum Höllentrip. Aber selbst mit dem Ding war ich für LKW auf der BAB an Steigungen ne Bremse, die hingen mit ihrer Stoßstange in meiner Heckküche. Aber das Fahren mit so einem Teil oder auch Deinem jetzigen FZG erweitert den Horizont, weg vom reinen PKW- oder Motorradbereich.

  • Wahre Worte, Andy, danke dafür.


    Ich denke, jeder Verkehrsteilnehmer sollte verpflichtend jeweils eine Doppelstunde von zwei anderen Teilnehmern absolvieren müssen, bevor die Lizenz ausgehändigt wird. Also der Autofahrer sollte zwei Kradstunden und zwei Lkw-Stunden nehmen müssen, oder der Bus-Aspirant zwei Stunden Lkw und Krad usw.


    Das öffnet Augen. Meine Frau bekam von mir eine Lkw-Stunde geschenkt, weil sie darauf Bock hatte. Fahrlehrer und ich mit im Führerhaus, ich bin vorher niemals mit einem 25m-Gespann gefahren und würde das freiwillig niemals tun. Meine Frau hingegen fand das ein gutes Geschenk, das jedoch nur nebenbei. Jedenfalls bekam ich einen völlig neuen Blick auf den Verkehr und den Straßenbau. Wer zum Teufel baut diese doofen Inseln an Ortsein- bzw. ausgänge?!


    Das allein würde schon viel bringen, schätze ich. Das Thema "Mindestgeschwindigkeit" würde dann nochmals anders von vielen gesehen werden, ich selbst habe ja auch viel gelernt in den Posts hier und in einem anderen Forum nebenan.


    Nochmal zum Thema, Siggi, kannst du mir den Text zeigen, der mit dem Mehrzweckstreifen? Ich "weiß" es offenbar anders als du, daher würde mich der aktuelle Gesetzestext interessieren, in welchem geregelt wäre, dass ich als Lkw oder Bus verlangsamen oder anhalten müsste, um jemand vorbei zu lassen. Wie geschrieben habe ich das anders gelernt.
    Achim

  • Ich freue mich, eine derartige Diskussion angestoßen zu haben (#82), aber ursprünglich wollte ich mich nur darüber beklagen , dass einige Zweiradfahrer mit ihren Rennsemmeln meinen, dass Gesetz überhaupt nicht beachten zu müssen, indem sie einen kurz vor einer Ortschaft noch schnell überholen, um mit 100 km/h in die Ortschaft reinzufahren, und um dann mit einer Vollbremsung die zulässige Geschwindigkeit zu erreichen. Ich denke nicht, dass ich zu den Langsam-Fahrern gehöre, aber ich versuche wenigstens mich einigermaßen an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, auch wenn es dann manchmal eben auch nicht exakt und punktgenau die vorgeschriebene Geschwindigkeit ist. Leider aber ruinieren diese Ausreißer gleich den Ruf aller Zweiradfahrer.

    Fly like an eagle, ride like the devil, die like a man


  • Hat Olli doch schon dargestellt:


    Zitat

    § 5 Absatz 6 StVO (Überholen) sagt: Wer überholt wird, darf seine
    Geschwindigkeit nicht erhöhen. Der Führer eines langsameren Fahrzeugs
    muß seine Geschwindigkeit an geeigneter Stelle ermäßigen, notfalls warten,
    wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen
    möglich ist. Hierzu können auch geeignete Seitenstreifen in Anspruch
    genommen werden; das gilt nicht auf Autobahnen.


    Einen Mehrzweckstreifen gibt es auf Autobahnen, Bundesstraßen und
    Kraftfahrstraßen. Für die Mehrzweckstreifen auf Autobahnen gelten noch
    besondere Regeln, aber grundsätzlich gilt, dass der Mehrzweckstreifen
    nicht als Fahrbahn genutzt werden darf.


    Auf Bundes- und Kraftfahrstraßen ist dieser jenen vorbehalten,
    die besonderen Geschwindigkeitsbeschränkungen unterliegen.
    Er muß von Traktoren, Fahrradfahrern, Fußgängern genutzt
    werden und man darf dort parken (außer auf Autobahnen).


    Und nutze den letzten Satz vom §5 Abs.6 StVO als Frage
    und den 2.Satz als Antwort:


    Wer darf geeignete Seitenstreifen in Anspruch nehmen?


    Der Führer eines langsameren Fahrzeugs, er muß seine
    Geschwindigkeit an geeigneter Stelle ermäßigen, notfalls
    warten, wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden
    Fahrzeugen das Überholen möglich ist.


    Fazit:


    - Mehrzweckstreifen ist kein Fahrstreifen
    - darf folglich nicht durchgängig befahren werden
    - langsamere Fahrzeuge dürfen ihn in Anspruch nehmen
    - um mehreren unmittelbar Folgenden das Überholen zu ermöglichen
    - dafür muss das langsamere Fahrzeug seine Geschwindigkeit ermäßigen


    In der Praxis weicht ein LKW mit unverminderter Geschwindigkeit halb
    auf den Mehrzweckstreifen aus, um nachfolgenden Fahrzeugen das
    Überholen zu ermöglichen. Damit nutzt er den Mehrzweckstreifen
    als Fahrbahn und das kostet einen Zehner.


    Bussgeldrechner


    Gruss
    Siggi

  • Das Ticket bezieht sich aber nicht auf das kurzfristige "freie Bahn schaffen" für langsamere Fahrzeuge ohne Geschwindigkeitsermässigung ausserhalb von Autobahnen ;-).

  • Danke Siggi, das hatte ich nicht so auf dem Schirm. Ich dachte immer, man dürfe ohne Verringerung der Geschwindigkeit auf den Mehrzweckstreifen (außer BAB) ausweichen, um das Überholen zu ermöglichen. Dem ist offenbar nicht so. Again what learned.
    Achim

  • ...wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen möglich ist.


    Das bedeutet also, Geschwindigkeit ist zu reduzieren, wenn nur so... s.o.
    notfalls warten, wenn nur so... s.o.



    Das nur als meine Lesart des §5 StVO.
    Der Bundeseinheitliche Tatbestandskatalog sieht unter der Nr. 105148 die 10 Euro nur dann vor, wenn es mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen nicht ermöglicht wird, zu überholen.
    Wenn die Fahrzeuge also überholen können, ist eine Verringerung des Tempos nicht erforderlich.



    ich bleibe ansonsten beim TROLLALARM und bin wieder aus diesem Thema raus.


  • ich bleibe ansonsten beim TROLLALARM und bin wieder aus diesem Thema raus.


    Falls du mich mit dem Troll meinst, es sei dir versichert, dass ich keiner bin. Wäre ich einer, könntest du es hier lesen. Mir ist das ein Anliegen, das sich jedoch teils erledigt hat, aber Diskussion ist ja meist hilfreich.


    Was ich nicht alles gelernt habe allein über Mehrzweckstreifen, immerhin, das ist unbezahlbar.
    Achim (auch weiterhin 100km/h auf Landstraßen anstrebend)

  • ...wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen möglich ist.


    Und du glaubst ernsthaft, dass du den Einen mit der korrekten Lesart des Verordnungstextes überzeugen kannst? =:-))))=

    Gruß Axel#561



    Das Rezept für Gelassenheit ist ganz einfach: Man darf sich nicht über Dinge aufregen, die nicht zu ändern sind.NO:

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