@Didi#308:
Danke für deinen Literaturtipp mit dem aktuellen Tourenfahrer-Heft vom Februar (hätte ich in meinem Winterschlaf fast verschnarcht).
@alle:
Ich fand diesen Artikel über die Bremstechnik der aktuellen BMW-Motorräder ebenfalls hochspannend /empfehlenswert. Für alle, die das Heft bloss wegen diesem Artikel nicht kaufen möchten, erlaube ich mir hier eine "kleine" Zusammenfassung:
Das von BMW bei den aktuellen Motorrädern (bspw. GS 1200 oder RT 1200) verwendete Bremssystem stammt von der Firma FTE. Dessen wichtigster Bestandteil ist ein brutal zubeissender Bremskraftverstärker. Dieses Bremssystem soll Ende 2006 durch ein neues System von Continental abgelöst werden.
Die wichtigsten Nachteile des alten (FTE) - und die versprochenen Verbesserungen des neuen (Conti) Systems:
1) Dosierbarkeit: Der Bremskraftverstärkung beisst nicht nur brutal stark zu, sie ist auch fast nicht dosierbar; entweder sie schnappt zu, oder sie schnappt nicht zu; binäres Bremsen: alles oder nichts. Dadurch wird gefühlvolles Bremsen sehr erschwert, die direkte Verbindung zwischen Hand /Fuss und Bremsscheiben ist weitgehend gekappt (technisch: tatsächlich getrennte Steuer- und Radkreise).
> Versprochene Besserung durch Conti: Wieder direkte (hydraulische) Verbindung zwischen Bremshebel und -scheiben, ohne trennenden Bremskraftverstärker.
2) Überschlagschutz: Welliger Belag (kurzfristig leichtes /springendes Hinterrad) kann zu einem automatischen Lösen der (Vorder-) Bremse führen, was sich subjektiv wie ein Ausfall der Bremsanlage anfühlt und Schreckreaktionen begünstigen könnte.
> Das Conti-System soll immer noch einen Überschlagschutz beinhalten, aber mittels anderer Ventile einen feiner dosierenden. Die Tests werden es beweisen müssen.
3) Restbremsfunktion: Fällt der Bremskraftverstärker /das elektronische Steuersystem aus, verbleibt eine Restbremskraft, welche zwar die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, aber so toootal viel schwächer ist, dass man subjektiv wiederum einen gänzlichen Ausfall "annimmt" und zu fatalen Schreckreaktionen neigt (bspw. sich nicht "traut", genügend resolut zuzupacken, weil man dies ja sonst auch nie so macht!). Spezialfall: Sollte sich das System nach wenigen Sekunden Ausfall zurückmelden, und man ist zwischenzeitlich am Resolut-Zupacken (Nutzen der Restbremsfunktion), dürfte dies wie das berühmte Ankerwerfen wirken: im schlechtesten Fall geht man über den Lenker!
> Conti-Abhilfe: Bei Ausfall des Systems entfällt lediglich ABS- und Teilintegral-Funktion. Bremsleistung und -empfinden bleiben weitgehend gleich /erhalten.
Noch ein Schlussgedanke zum Thema Teil- oder Vollintegral: Während das alte FTE-Bremssystem beim schweren Tourer auch Vollintegral bot, wird das neue Conti-System für alle BMW-Motorräder nur noch Teilintegral bieten (d.h. bei ausschliesslicher Betätigung des Handbremshebels wird hinten mitgebremst; bei ausschliesslichem Fusshebelbremsen hingegen wird wirklich nur hinten gebremst). - Zu diesem Punkt finde ich persönlich die Verbesserung bei Honda und ihrem CBS Ich schätze es ausserordentlich, dass bei ausschliesslichem Betätigen der Fussbremse die Vorderbremse mit reduziertem Anteil mitbremst (Situation "Kurve falsch eingeschätzt", Gashand soll "frei" bleiben). Für mich ist das Honda-CBS das Beste vom Besten (besser als eine Vollintegralvariante, bei der "egal" ist, welchen Hebel man betätigt, weil die jeweils andere Seite identisch mitgebremst wird).
Sorry, dass meine Zusammenfassung etwas länger wurde (vielleicht wird jetzt der TF von noch mehr Forums-Mitgliedern gekauft werden ;-)).
Gruss, Matthias