Airbag für Motorräder

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    Im März 2006 bringt Honda die Goldwing als erstes Serienmotorrad mit einem Airbag auf den Markt. Braucht das die Bikerwelt wirklich?

  • Airbag für Motorräder


    Moderne PKW werden seit vielen Jahren mit so genannten Rückhaltesystemen für die Fahrzeuginsassen ausgerüstet. Neben dem bekannten Sicherheitsgurt gehören Airbags in allen PKW zur Serienausrüstung. Die Spanne reicht dabei vom Frontairbag, Kopfairbag, Knieairbag bis zum Seitenairbag.
    Bei Motorrädern konnten sich Rückhaltesysteme bisher nicht durchsetzen (Ausnahme BMW C1). Das hat zum Teil gute Gründe. Ein Sicherheitsgurt am Motorrad würde zwangsläufig dazu führen, dass der Fahrer oder die Fahrerin mit dem Fahrzeug über den Gurt fest verbunden wäre. Bei der Mehrzahl der harmlosen Stürze unter Umständen ein gravierender Fehler. Bei Stürzen oder Unfällen in denen dem Fahrer ein ausreichender Freiraum zur Verfügung steht, ist die Trennung von Fahrzeug und Fahrzeuginsassen in Verbindung mit hochwertiger Schutzkleidung von Vorteil. Das selbst Stürze bei hohen Geschwindigkeiten und Freiraum glimpflich ausgehen, zeigen die Rennsportveranstaltungen an jedem Wochenende.
    Jedoch zeigt der traurige Alltag, dass die Bedingungen der Rennstrecken in vielen Fällen nicht auf den Alltag übertragbar sind. Hindernisse auf der Straße und am Straßenrand, andere Verkehrsteilnehmer (PKW, LKW) und vieles mehr verhindert einen ausreichenden Freiraum. Dies trifft insbesondere auf den innerstädtischen Verkehr zu.
    Aktive Sicherheitsausrüstung von Motorrädern
    Die Fahrzeughersteller rüsten daher seit einigen Jahren (im Falle von BMW seit einigen Jahrzehnten) die Fahrzeuge mit einer Vielzahl von aktiven Sicherheitselementen aus.
    Neben den guten, fahrsicheren Fahrwerken, den Fortschritten in der Bremsen- und Reifentechnologie ist es insbesondere der Einsatz von Kombibremssystemen (CBS, Integral-Bremse) und der Einsatz von ABS-Systemen die im Vordergrund stehen.
    Durch aktive Sicherheitsausrüstungen lassen sich Unfälle und Stürze verhindern oder in ihrer Schwere mildern, da bereits vor einem Unfall wirkungsvoll die Geschwindigkeit reduziert werden kann.
    Passive Sicherheitsausrüstung von Motorrädern.
    Die Passive Sicherheitsausstattung der Motorräder soll die Folgen eines Unfalles, der trotz der aktiven Sicherheitsausrüstung unvermeidlich ist mildern.
    Bisher beschränkten sich die passiven Sicherheitsausrüstungen auf z.B. Sollbruchstellen der Windschutzscheiben, Verrundung von Verkleidungskanten, Versicht auf scharfkantige Teile und ähnliches mehr.
    In wenigen Fällen wurde die Verkleidung des Motorrades so konzipiert, dass für die Unterschenkel und Knie des Fahrzeugführers eine Auflage vorhanden was. Im Falle eines Unfalles, konnte sich dabei der Fahrer an dieser Auflagefläche abstützen und der Oberkörper des Fahrers wurde etwas weiter angehoben, so dass z.B. bei einem Seitenaufprall auf einen PKW der Kontakt zwischen Fahrer und Dachholm des PKW gemindert wurde und der Fahrer mit etwas Glück über den PKW geschleudert wurde. Die Wirksamkeit dieser Systeme war jedoch immer stark eingeschränkt.
    Vor einigen Jahren, und teilweise noch auf dem Markt erhältlich wurden passive Sicherheitssysteme in die Schutzkleidung eingebaut.
    Meist handelte es sich dabei um aufblasbare Lufttaschen in den Jacken. Der Fahrer wurde mittels einer Auslöseleine mit dem Fahrzeug verbunden. Löste sich der Fahrer bei einem Sturz oder Unfall vom Fahrzeug wurde die Reißleine betätigt und mittels CO2 Patrone oder Komprimierter Luft wurden dann Luftkammern aufgeblasen, die die Wucht des Aufpralls mindern sollten.
    Da diese passive Sicherheitskleidung direkt am Körper getragen wurde, konnte allerdings die Zeitdauer die nötig war um die Luftkammern zu füllen, nie ausreichend kurz gehalten werden.
    Zudem soll es durchaus vorgekommen sein, dass Fahrer vor dem Absteigen vergessen hatten die Reißleine zu lösen. Für umstehende Zuschauer sicherlich ein erheiternder Anblick.
    Wie beim PKW gilt auch beim Motorrad bei Airbagsystemen die Prämisse einer möglichst schnellen Entfaltung des Airbags, um bei Aufprall auf ein Hindernis die größtmögliche Schutzwirkung zu erreichen. Wegen der kürzen Deformationswege eines Motorrades, sind die Anforderungen an die Systeme sogar noch deutlich höher.
    Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass erst Jahre nach Einführung dieser Technologie im PKW nun auch das weltweit erste Motorrad mit einem Airbagsystem serienreif ist.
    Ab dem späten Frühjahr wird die neue Honda GL 1800 (GoldWing) in den USA, optional mit einem Airbag erhältlich sein.
    Bevor es an die technologische Entwicklung des Systems gehen konnte, musste Honda eine Vielzahl an Grundlagenforschungen betreiben.
    Am Beginn standen die Analysen des typischen Motorradunfälle in den USA, Japan und Europa.
    Für Europa ergaben die Studien, dass von den Unfällen mit Todesfolge oder Verletzungen 20% ohne den Zusammenstoß mit anderen Verkehrsteilnehmern passierten, 25 % der Unfälle ein nicht frontalen Zusammenstoß als Ursache hatten und 55% der Unfälle in Verbindung mit einem Frontalaufprall geschahen.
    Die Verletzungsgründe waren dabei zu 53% durch einen Aufprall auf ein Straßenabhängiges Hindernis (Bordstein, Baum, Leitplanke usw.), zu 30 % auf andere Automobile (PKW, LKW) und zu 17 % auf andere Gründe zurückzuführen.
    Nach den grundlegenden Forschungsarbeiten, begann Honda bereits im Jahr 1990 intensiv den Airbag zu entwickeln. Nach grundlegenden Überlegung zu Form, Größe, Unterbringung und Aufblaseverhalten des Airbags, wurde 1996 ein erster Prototyp in eine Honda GL1500 eingebaut. Mit diesem Prototypen wurden umfangreiche Versuche durchgeführt. Die Daten der Versuche wurden genutzt um eine Datenbasis für weitere Untersuchungen in Computer Simulationen zu gewinnen.
    Im Jahr 2004 wurde dann erstmals ein Prototyp auf Basis eines großen Rollermodels (SilverWing) im Rahmen der Intermot vorgestellt und gleichzeitig die Entwicklung des GoldWing Airbags abgeschlossen, um 2006 das erste Serienmodell mit Airbag ausliefern zu können.
    Bei den praktischen Versuchen und auch bei den Computer Simulationen hat Honda neben Crashtests nach ISO 13232 (Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 48 km/h auf einen stehenden oder mit 24 km/h fahrenden PKW aus verschiedenen Richtungen und Aufprallwinkeln) eigene gewonnene Daten verwendet um das System zu optimieren.
    Besonderes Augenmerk wurde auf die ersten 0,5 Sekunden eines Unfalles gelegt. In dieser Zeit kommt es von der ersten Berührung der Fahrzeuge bis zum Kontakt des Fahrers mit dem anderen Fahrzeug. Darüber hinaus wurde auch berücksichtigt, was nach dem ersten Kontakt des Fahrers mit dem PKW geschah. Ingesamt wurde die erste Sekunde eines Unfallablaufs in endlosen Testreihen analysiert.
    Bestandteile des Airbagsystems
    Das Airbagsystem von Honda besteht aus den folgenden Hauptbestandteilen:
    • Das Airbag-Modul (unmittelbar vor dem Fahrer angeordnet) mit dem eigentlichen Airbag und dem pyrotechnischem Sprengsatz.
    • Das Steuergerät, welches für die Auslösung des Airbags zuständig ist.
    • 4 Crashsensoren in den Gabelholmen zur Feststellung eines Frontalaufpralls.


    Das Airbag-Modul


    Das Airbag-Modul ist vor dem Fahrer angeordnet und besteht aus dem eigentlichen „Luftsack“ der die kinetische Bewegungsenergie des Fahrers absorbieren soll, dem pyrotechnischen Sprengsatz der die notwendigen Gase entwickelt, die zum Aufblasen des Luftsacks erforderlich sind, einer Abdeckung die den Airbag abdeckt und vor äußeren Einwirkungen schützt und einem Behälter in dem die Bauteile montiert sind.
    Der Luftsack wird aus dem gleichen Material hergestellt, aus dem auch die Airbags von PKW hergestellt werden – ein besonders reißfestes Nylonmaterial. Um ein Verkleben des Nylonmaterials zu verhindern, wird es auf der Innenseite mit einer Silikonschicht versehen. Der Airbag hat ein Fassungsvermögen von 150 ltr. und ist damit um einiges größer als die üblichen Frontairbags in PKW. Zusätzlich wird der Airbag nach der Auslösung über zwei Haltegurte stabilisiert um den Fahrer bestmöglichst zu schützen und ein Abklappen nach vorne wirkungsvoll zu verhindern. An den beiden Seiten des Airbags befinden sich zwei Ventile, welche die Gase nach dem Unfall kontrolliert entweichen lassen.
    Der pyrotechnische Sprengsatz ist ähnlich einem herkömmlichen System eines PKW aufgebaut. Der Sprengsatz enthält einen elektrischen Zünder, den Gasgenerator und weitere Komponenten.
    Die Abdeckung des Airbags ist so konstruiert, dass einerseits im Alltag der Airbag zuverlässig geschützt wird, andererseits die Entfaltung des Airbags unter keinen Umständen gestört wird.


    Das Steuergerät


    Das Steuergerät überwacht permanent die Daten, die von den Crashsensoren geliefert werden und berechnet permanent ob unter Berücksichtigung weiterer Daten ein Frontalaufprall vorliegt oder nicht. Sollte die ECU einen Frontalaufprall erkennen, wird ein elektrisches Signal an den pyrotechnischen Zünder des Gasgenerators übermittelt, dass zur Zündung und zur Entfaltung des Airbags führt. Da bei einem Unfall möglicherweise auch die Versorgung der ECU mit elektrischer Energie durch die Bordanlage gestört sein könnte, verfügt die ECU über eine interne Spannungsreserve die eine zuverlässige Zündung des Gasgenerators auch unter widrigsten Umständen sicherstellt. Eine Eigendiagnose überwacht die korrekte Funktion des gesamten Systems und warnt im Falle einer Fehlfunktion den Fahrer durch entsprechende Kontrollleuchten.


    Die Crash-Sensoren


    Damit die Crashsensoren frühestmöglich die ECU über einen Frontalaufprall informieren können, wurden die insgesamt 4 Sensoren in der Gabel (Außenrohre der herkömmlichen Gabel) montiert. Die Crashsensoren können daher bereits über einen Zusammenstoß informieren, bevor die eigentliche Fahrzeugmasse auf den Unfall reagiert.
    Die ECU ermittelt den durchschnittlichen Verzögerungswert der beiden linken und rechten Crashsensoren und berechnet daraus die notwendige Auslösung des Airbags. Selbst wenn ein Crashsensor beim ersten Kontakt zerstört würde, können die verbleibenden 3 Sensoren eine Auslösung des Airbags sicherstellen.


    Funktionsablauf:


    Im Falles eines Frontalaufpralls liefern die Crashsensoren die typischen Signale an die ECU. Die ECU vergleicht die Daten der beiden Sensoren am linken Gabelholm mit den beiden Sensoren des rechten Gabelholms. Wenn die Berechnung ergibt, dass anhand der gespeicherten Werte eine Frontalunfall vorliegt, übermittelt die ECU ein elektronisches Signal an den Gasgenerator. Das elektronische Signal bewirkt die unmittelbare Zündung und damit Erzeugung des Gases (Nitrogen = Stickstoff) und damit die Entfaltung des Airbags.
    Der gesamte Zeitablauf vom Erzeugen des ersten Signals im Crashsensor bis zur vollständigen Entfaltung des Airbags, dem Auffangen des Fahrers und dem Abblasen des Gases durch die Auslassventile benötigt etwa 0,15 Sekunden (Das Zwinkern des Augenlids dauert etwa 0,2 Sekunden).
    Ein Unfallablauf lässt sich beim Honda Airbagsystem z.B. bei einem Seitenaufprall auf einen PKW mit 50 km/h zeitlich ungefähr so darstellen:
    0 Sekunden: Beginn des Aufpralls
    0,015 Sekunden: Der Aufprall wird erkannt und die ECU übermittelt das Zündsignal an den Gasgenerator.
    0,06 Sekunden: Der Airbag ist voll entfaltet
    0,09 Sekunden: Der Fahrer berührt den Airbag und die kinetische Bewegungsenergie des Fahrers wird abgebremst.
    0,15 Sekunden: Die Bewegungsenergie des Fahrers ist vollständig abgebaut, der Airbag sinkt in sich zusammen.


    Sicherheit beim Umgang mit pyrotechnischen Sprengsätzen


    Da beim Gasgenerator ein pyrotechnischer Sprengsatz zur Anwendung kommt, dürfen nur besonders ausgebildete Mechaniker mit Instandhaltungsarbeiten an diesen Fahrzeugen betraut werden. Ähnlich wie bei der Umweltuntersuchung werden auch hier gesonderte Lehrgänge erforderlich sein. Obwohl das System auf größtmögliche Sicherheit ausgelegt ist, kann durch unbedarfte Instandhaltung der Airbag z.B. durch Kurzschluss ausgelöst werden.
    Auch ist auf eine sachgerechte Entsorgung und auf eine entsprechende Außerbetriebnahme nach den Fahrzeugherstellerangaben zu achten.
    Wer nicht über die entsprechende Ausbildung verfügt darf an diesen Fahrzeugen und Systemen nicht arbeiten.


    Grenzen des Systems


    Der Airbag ist kein Allheilmittel – der Airbag kann nur die Folgen eines Unfalles mildern. Bei extrem hohen Geschwindigkeiten z.B. auf deutschen Autobahnen und einem Aufprall auf ein stehendes Hindernis wird auch der Airbag das Schlimmste nicht verhindern können. Da Unfälle dieser Art relativ selten sind und sich die Masse der Unfälle mit einem Aufprall bei weit geringeren Geschwindigkeiten ereignen, liegt hier der Schwerpunkt des Nutzens.
    Eine angepasste, vorausschauende Fahrweise, gute Schutzkleidung und aktive Sicherheitssystem (ABS) werden daher auch weiterhin unverzichtbar sein, damit der Airbag im Falles eines Falles den größtmöglichen Nutzen bringt.


    • Merke:


    • Zu den aktiven Sicherheitsausrüstungen zählen CBS und ABS.
    • Mit aktiver Sicherheitsausrüstung sollen Unfälle verhindert werden.
    • Zu den passiven Sicherheitsausrüstungen zählt der Airbag
    • Mit passiven Sicherheitsausrüstungen sollen die Folgen eines Unfalles gemindert werden.
    • Für die Arbeiten an diesen Fahrzeugen ist eine besondere Schulung notwendig, da durch falsche Handhabung des Airbagsystems schwerwiegende Verletzungen entstehen können.

  • Nur noch eine Randbemerkung....


    Die Möglichkeiten einen Airbag am Motorrad montieren zu können, hängen ganz wesentlich von der Sitzposition ab.


    Alles was nur den Hauch einer sportlichen Sitzposition hat, ist aufgrund des kleinen Abstandes Lenker - Fahrer nicht "Airbag-tauglich".


    Typischerweise wird ein großer Abstand Fahrzeugfront - Fahrer benötigt. Das nächste Fahrzeug wird wahrscheinlich der Silver-Wing bzw. dessen Nachfolger sein.

  • Zitat

    Original von ricco
    Braucht das die Bikerwelt wirklich?


    Natürlich nicht! Das verhält sich ähnlich wie die ABS-Geschichte. Es braucht eigentlich niemand, weil die Fahrer alle so gut bremsen wie die Rennelite auf abgesperrtem Terrain. Außer halt in den wenigen Situationen wo es mal nicht reicht. Aber das passiert eh nur den anderen.


    Wenn der Airbag seine Funktion erfüllt und nicht zusätzlich negative Eigenschaften hat, stellt sich die Frage anders herum: Warum soll ich auf einen Airbag verzichten?

  • Zitat

    Original von Josef#245


    Natürlich nicht! Das verhält sich ähnlich wie die ABS-Geschichte. Es braucht eigentlich niemand, weil die Fahrer alle so gut bremsen wie die Rennelite auf abgesperrtem Terrain. Außer halt in den wenigen Situationen wo es mal nicht reicht. Aber das passiert eh nur den anderen.


    Wenn der Airbag seine Funktion erfüllt und nicht zusätzlich negative Eigenschaften hat, stellt sich die Frage anders herum: Warum soll ich auf einen Airbag verzichten?


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