Gangwechsel

  • dir ist anscheinend nicht klar, dass ein klauengeschaltetes Getriebe keinerlei Synchronisierung besitzt.


    Die (hinterfrästen und damit leicht trapezförmigen) Schaltklauen haben zueinander radial ein relativ großes Spiel, damit die beherzt und mit Schwung ineinander geworfenen Schaltklauen ineinanderfinden und sich nun Dank der Hinterfräsung ineinander verhaken und so den Kraftschluss herstellen, ohne einen seitlichen Druck auf die Schaltgabel auszuüben (dies würde Verschleiß bedeuten, GL1500 Fahrer kennen das Problem).


    Der "Schaltautomat" ( da ist genau nix automatisch daran) hilft nur, durch die Drehbewegung der Trommel mittels der eingefrästen Führungen die Klauen flott ineinander zu bringen. Gleichzeitig wird verhindert, die Schaltgabel über Gebühr zu beanspruchen durch zu weites hineindrücken eines Ganges oder leichte Bewegungen des Schalthebels. Den sequentiellen Teil gibt es einfach, damit nur rauf/runter mit dem Fuß gedrückt werden muss.

    Je flotter und mit mehr Nachdruck hier bei getrennter Kupplung geschaltet wird, umso schonender ist es für die Schaltklauen im Getriebe

    Darum klackt ein Motorradgetriebe im Gegensatz zum synchronisiertem Getriebe,bei dem die Schaltklauen erst auf die gleiche Geschwindigkeit gebracht werden (synchronisiert), bevor diese ineinander greifen können (Sperrsynchronisierung) können.

  • Tja...... der unterschätzte Schaltautomat. Vermutlich hat dein Ausbilder dir die Aufgaben des Schaltautomaten so erklärt....


    Wen das ganz nicht interessiert - jetzt einfach mit Lesen aufhören und sich anderen Themen widmen


    Allgemeine Infos zum Thema Getriebe überprüfen sind dem PDF Dokument zu entnehmen, da ich sie nicht nochmal zu Papier bringe


    Kraftübertragung prüfen Teil B.pdf


    Im Getriebe gibt es ja Festräder (die drehfest mit den Getriebewellen über eine Verzahnung verbunden sind) und Losräder (die sich auf der Getriebewelle frei drehen lassen)

    Bei der Kraftübertragung im Getriebe sind ja immer 3 Zahnräder beteiligt.


    Wenn z.B. auf der Eingangswelle der 1. Gang eingelegt werden soll ist auf der Eingangswelle (Hauptwelle) der 1. Gang immer ein Festrad. Auf der Getriebenebenwelle (Ausgangswelle) muss dann logischerweise der Partner ein Losrad sein. Die Kraft kann jetzt von der Eingangswelle in das Festrad 1.Gang Hautwelle und von dort aus in das Losrad 1.Gang der Nebenwelle übertragen werden - würde dort aber im "Nichts" verpuffen.


    Festrad 1.Gang Hauptwelle


    000a.jpg


    Losrad 1. Gang Nebenwelle


    000b.jpg


    Damit Kraft vom Losrad 1.Gang Nebenwelle in die Nebenwelle und von das aus auf das Ritzel --> Kette --> Kettenrad --> Felge --> Reifen übertragen werden kann, muss über das Zahnrad "C5" eine drehfeste Verbindung zur Nebenwelle hergestellt werden.


    Dazu wird über die Schaltgabel das Zahnrad C5 zum Zahnrad C1 verschoben.


    Und jetzt sind wir bei der "Synchronisierung"


    Beim Verschieben gibt es 2 denkbar Zustände


    1) Der Mitnehmerzapfen des Zahnrades C5 trifft genau in die Aussparung im Zahnrad C1. Das Zahnrad kann vollständig verschoben werden, die Mitnehmerzapfen tragen vollständig und können die Kraft ohne Schäden übertragen. Bei Fahrzeugen die eher sportlich ausgerichtet sind (bei Honda z.B. die Doppel "R" Modelle) sind die Mitnehmerzapfen nicht rechteckig sondern etwas schräg angeschliffen (Gegenstück natürlich auch). Diese teurere Herstellung ermöglicht eine etwas schnellere Verblockung der Zahnräder (wir reden hier über Millisekunden)


    2) Mit etwa 40%iger Wahrscheinlichkeit trifft der Mitnehmerzapfen C5 aber nicht auf eine Lücke im Zahnrad C1. Die beiden Zahnräder können über die Schaltgabel nicht verblockt werden.- es muss erst eine Synchronisierung stattfinden. Sprich das schneller drehende Zahnrad muss minimal abgebremst werden, damit der Zapfen C5 in die Lücke C1 verblocken kann. Das geschieht durch Reibung des Zapfens C5 auf dem Material C1. Das darf jetzt natürlich nicht durch Fahrerfuß und dessen Krafteinwirkung auf den Schalthebel erfolgen. Je nach Fahrer wären dabei z.T. schnelle Getriebeschäden durch zu hohe Krafteinwirkung zu befürchten. Die Schaltgabel würden sich verbiegen, Die seitlichen Anlageflächen und Führungsnuten würden schnell verschleißen und die Führungsnuten in der Schalttrommel würden ausschlagen (siehe PDF Dokument)


    Deswegen haben clevere Konstrukteure den Schaltautomaten erfunden, der Bestandteil jedes Klauengetriebes (Motorrad) ist.


    001.jpg002.jpg



    Der Schaltautomat besteht aus einer mechanischen Vorrichtung welche die Auf- und Abbewegung des Schalthebels in eine Rotation übersetzt.

    Das können einfach Hackenkonstruktionen sein oder auch komplexere Konstruktionen mit Sperrklinken oder sogar mit Planetengetrieben sein.


    003.jpg


    Was kann der Fahrer damit aktiv tun:


    1. Einen eingelegten Gang aus der Verblockung herausnehmen (die eigentliche Quelle allen Übels wenn es um Getriebschäden geht)

    2. Der Sperrrolle mit der vohandenen Kulisse auf dem Schaltnockenrad mitteilen, dass doch bitte schön der 1. Gang (um im Beispiel zu bleiben) eingelegt werden soll


    Was der Fahrer nicht tun kann:

    Den 1. Gang einlegen, er kann ihn nur vorwählen


    Warum?


    Der Arbeitsweg des Schaltmechanismus ist limitiert. Die Sperrrolle liegt in der Kulissenlaufbahn immer in einer Vertiefung (das kann die etwas höher gelegene Leerlaufpostion sein, das kann aber natürlich auch die untere Position eines beliebigen Ganges sein


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    Der Fahrer kann über den Schaltmechanismus die Kurvenfläche nur soweit aktiv verdrehen, bis der höchste Punkt überschritten ist. Damit wird die Schalttrommel nur ein kleines Stück verdreht, eine Verblockung kann nicht erfolgen wenn Zahn auf Material trifft. Erst wenn mit definierter Kraft das Losrad abgebremst/beschleunigt wird (und damit durch kontrollierte Reibung) und damit synchronisiert ist wird vom Schaltautomaten die Verblockung abgeschlossen, der Fahrer kann dabei auf dem Schalthebel herumturnen wie er mag..... er hat keinerlei Einfluss mehr.

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • dir ist anscheinend nicht klar, dass ein klauengeschaltetes Getriebe keinerlei Synchronisierung besitzt.



    .......Der "Schaltautomat" ( da ist genau nix automatisch daran) hilft nur,......

    Und jetzt denken wir über die Bedeutung deiner Aussage noch mal nach.....

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • noch einmal zum Mitschreiben - du verwechselst einfach (sperr)synchronisiertes Getriebe (im Volksmund vollsynchronisiert genannt) mit einem Klauengeschaltetem Getriebe (die Amis sagen syncro mesh dazu - vielleicht verwirrt dich auch das...).


    Es passiert hier keine Synchronisation durch vorherige Anpassung der Drehzahlen der in Kraftschluss zu bringenden Schaltklauen, nur durch den Drehzahlunterschied der Schaltklauen sind diese in Sekundenbruchteilen ineinanderzubringen und haben dann sofort die gleiche Drehzahl (no na).

    Darum klackt ein Motorradgetriebe beim Schalten und darum lässt sich im Stillstand auch nicht Schalten, da dieser Drehzahlunterschied eben fehlt, der in rascher Abfolge "Berg" und "Tal" aneinander vorbeibringt.

    Und daher rattert's auch schon mal kräftig, wenn zu zaghaft versucht wird, einen Gang einzulegen, weil ein klauengeschaltetes Getriebe eben ein gewisses Maß an Nachdruck verlangt.

    Und außerdem wird genau gar kein Zahnrad verschoben, es werden immer noch die Klauenkörper auf den Achsen bzw den extra verzahnten Hülse darauf verschoben - die Zahnräder sind ständig alle im Eingriff.

  • Hier ein vereinfachtes Motorradgetriebe ohne Schaltautomat. Dafür mit einem indirekten Abtrieb den man so heute in keinem Getrriebe mehr findet. Ebenso ist die Lage des 1. Ganges von den üblichen Vorgaben abweichend. Gang 1 und Gang 2 sitzen immer ganz außen auf den Wellen.



    Für den Betrachter als Hinweis:


    Ab ca. 0:52 s sieht man die Betätigung der Schalttrommel ohne Schaltautomat. Hier muss tatsächlich der Fahrer den vollständigen Schaltvorgang mit aktivem Krafteinsatz vornehmen. Lebensdauer eines solchen Getriebes vielleicht im 4 stelligen Kilometer Bereich.


    Bei 1:51 sieht man die 5 roten Zahnräder des 5-Gang Getriebes, die Zahnradpaarung ganz rechts in grau ist in normalen Getrieben nicht vorhanden

    Bei 2:05 sieht man die Kombination eines Festrades mit einem Losrad je Gangpaarung


    Damit Losräder und Festräder drehfest miteinander verbunden werden können gibt es die Mitnehmer und die Mitnehmerzapfen (2:20)


    Das verblocken sieht man gut bei 2:45 - aber werft mal nicht den Blick auf diese verblockten Zahnräder sondern achtet mal auf die Relativbewegung des zweiten und dritten Zahnrades auf der oberen Welle.. Hier sieht man in der Animation recht gut, dass das obere 2. Zahnrad deutlich schneller dreht als das obere 3. Gangrad.


    Solange diese beiden Zahnräder nicht miteinander verblockt werden müssen ist minimale Luft zwischen den Flächen, die beiden Mittnehmer bzw. Mitnehmerzapfen sind durch einen Ölfilm voneinander getrennt.


    Bei 3:11 werden jetzt die beiden Zahnräder miteinander verblockt. Die Animation hält dazu geschickt die Bewegung an..... macht man ja auch ständig im Getriebe


    Was hier durch den Drehstopp in der Animation erfolgt müsste bei DIESEM Getriebe durch eine aktive Krafteinwirkung durch den Fahrer und Schalthebel erfolgen. Da darf sich jetzt jeder bildlich vorstellen was eine schwungvolle Schuhgröße 45 auf den Mitnehmerflächen des Getriebes verursacht. Und es wäre JEDER Schaltvorgang von einer mehr oder weniger lautstarken Geräuschkulisse begleitet.



    Deswegen springe ich jetzt mal schnell in eine andere Animation


    Und zwar dort bei 10:20 beginnen.

    Bei 10:29 sieht man sehr gut die Schaltkulisse mit der federbelasteten Rolle.

    Der Fahrer kann über den aktiven Eingriff diese Kulissenlaufbahn nur soweit verdrehen bis die federbelastete Rolle den höchsten Punkt der Kulisse überschritten hat. Den Rest der Drehbewegung übernimmt mit kontrollierter Kraft die Drehbeweung der Schaltwalze und damit die seitliche Auslenkung der Schalgabeln und damit der Zahnräder. Den Rest hatte ich bereits oben schon genannt.


    Fall 1 Zahn trifft auf Lücke

    Fall 2 Zahn trifft auf Zahn




    Und natürlich werden Zahnräder seitlich verschoben, sieht man in der Animation ganz gut (oder meintest du ein PKW Getriebe...denn Klauenkörper gehören nicht zum Motorrad).



    Warum ein Motorradgetriebe beim Einlegen des 1.oder des 2. Ganges (gelegentlich auch anderer Zahnradpaarungen) akustisch eine Rückmeldung geben wird halbwegs korrekt hier erklärt



    Akustisch ist insbesondere der 1. Gang auffällig, da dort ein mitgenommenes drehendes Zahnrad auf die Drehzahl 0 abgebremst werden muss. Wie laut das Geräusch ist hängt davon ab mit welcher Restkraft die Getriebewelle bei betätigter Kupplung am drehen gehalten wird. (z.b. Kaltes, zähflüssiges oder heißes, dünnflüssiges Motoröl)

    Beim zweiten Gang rollt das Motorrad bereits, die Drehzahlunterschiede sind kleiner.


    Bei der Schaltkulisse ist aber in dem zweiten Video auch sichtbar, dass die Abstände von der Leerlaufposition in Richtung 1. Gang bzw. 2. Gang etwas kürzer ausfallen. Die Schaltzeiten der Schaltkulisse sind aber ansonsten gleichmäßig verteilt (Gänge 3-6). Der Konstrukteur muss jetzt festlegen wann die Schaltzeiten passen sollen. Soll der 1 und 2 Gang geräuschlos eingelegt werden können oder werden die Gänge 3-6 häufiger genutzt. Umsetzen kann er nur die Optimierung einer der beiden Gruppen.

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • Ich melde mich hier ja selten zu Wort, aber hier möchte ich mich doch dringlich für euer Engangement, die ausführlichen Erläuterungen und die sachliche Diskussion bedanken.


    Ich hoffe, ich komme irgendwann dazu, soweit mitzudenken, dass ich auch verstehe, was ich hier gehört und gesehen habe.


    Ciao,

    Andreas

  • Andreas, wenn man ein ausgebaute Getriebe hier liegen hätte, wäre das Verständnis in 5 Minuten vorhanden.


    Ist eigentlich alles recht einfach, konstruieren wollen wir ja kein Getriebe sondern nur verstehen warum das Getriebe was wann macht.


    Und das ist halt leider eines der Probleme eines Forums, dass hier nur Schrift und Bild möglich sind, damit leider nur eine eingeschränkte Kommunikation. Ich bin mir sicher, das Martin und ich vermutlich gar nicht weit auseinander sind, lediglich die eingeschränkte Kommunikation (dazu zählen auch unterschiedliche Fachbegriffe für das gleiche Bauteil) einen schnelleren Konsens verhindert.


    Mit einem kühlen Hopfenblütentee lässt sich das noch schneller verstehen.... egal ob mit oder ohne Umdrehungen :-)

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • Also ich habe in meine Wing 20W50 anstatt 10W40 eingefüllt weil sich mir die Schaltvorgänge bei 30 Grad in Südeuropa teilweise zu laut und brutal angehört haben.

    Seit dem habe ich meinen Frieden und erlaubt sind beide Öle.

    Ich habe es dabei belassen und gut ist.

    Gruß

    an Alle.:mrgreen:GOO

    Es gibt viele Menschen, die sich einbilden, was sie erfahren, verstünden sie auch.


    Johann Wolfgang von Goethe

  • Solange du kein Winterfahrer bist und das Öl in der BA freigegeben ist, alles gut

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • Hoch interessante Beiträge hier.GOOGOO

    Aber warum geht das bei mir mal Butterweich und dann wieder Ratsch Klack?

    Das Licht am Ende des Tunnels, könnte auch ein Zug sein-%-