Hallo zusammen,
Als ich Anfang letzten Jahres nach laaaanger Abstinenz wieder mit dem Motorradfahren begann, habe ich bei der Wahl meiner Ausrüstung
ein wenig zurück gehalten und nicht gleich ganz oben in das Regal gegriffen. Man weiss ja nicht, ob die Leidenschaft vielleicht nur von kurzer Dauer ist.
Beim Helm habe ich mich seinerzeit für einen Rueger RS-980-COM entschieden (http://www.rueger-helmets.de), der für 170 Euro zu haben ist (incl. Bluetooth).
Dieser Helm wird unter verschiedenen Bezeichnungen weltweit vertrieben. ROCC 620, Crivit V210 (Lidl), Viper RS-V131,...) mal mit und mal ohne Bluetooth.
MOTORRAD hat diesen Helm außer Konkurrenz mit in einen Test genommen und ihm eine brauchbare Schutzfunktion bescheinigt.
Zitat: "Bei den Schlagdämpfungswerten konnte der Billigheimer dagegen überzeugen und lag deutlich unter den Grenzwerten."
Bis heute habe ich den Helm runde 15.000 km gefahren und war nicht unzufrieden. Gut - er könnte etwas bequemer und leiser sein.
Ansonsten: Keinerlei Ausfälle oder Verarbeitungsprobleme. Mechanik gängig, aber hinreichend straff, brauchbare Sonnenblende, gute Lüftung und kein Beschlagen des Visirs.
Letzteres ist für 14 Euro zu haben und ich habe mir 2 auf Vorrat besorgt, diese aber bisher noch nicht benötigt.
Aber das Bessere ist des Guten Feind.
Also habe ich mich man nach einem 'besseren' Helm umgesehen und im Laden mal einen Schuberth C3 pro aufprobiert.
Eindruck: Oh ja! Sehr bequem. Durch die dicht anliegenden Polster ungewohnt beengend (aber passend) und dämpft die Geräusche deutlich stärker als mein Rueger.
Shoei und HJC werde ich noch testen. Die waren entweder gar nicht im Sortiment (HJC) oder gerade in meiner Größe nicht da.
Da aber der Laden nicht das primäre Anwendungsfeld für einen Helm ist, wollte ich vor dem Kauf unbedingt einige Tests auf der Straße machen.
Also habe ich mir als reines Testobjekt einen wenig getragenen Schuberth Concept für wenig Geld aus dem Internet gefischt.
Jaja - der Concept ist kein C3 pro, aber letzterer ist auch nicht für den Gegenwert von 2 Tankfüllungen zu bekommen.
Und schließlich war der Concept vor nicht allzu langer Zeit "die Referenz" in Sachen Klapphelme.
Der Helm kam an und zuhause fühlte er sich ähnlich an, wie der C3 pro: Bequem, wertig, leise. So weit so gut. Probefahrt!
Dabei kam dann die Ernüchterung.
Der Helm dämpft zwar die Geräusche, aber nur im oberen Spektrum. Mitten und Tiefen dringen fast ungedämpft an die Ohren.
Dadurch entsteht ein Frequenzspektrum, das für mich deutlich unangenehmer ist, als bei meinem bisherigen Helm. Kopfschmerzprognose: Ca. 10 min Fahrt.
Das Visir flattert in Stellung "1 Raste offen" ab ca. 80 km/h so stark, dass ich befürchtete es zu verlieren. Bei 120 klappt das Visir automatisch zu!
Das geht GAR NICHT! Warum? Weil das geschlossene Visir innerhalb weniger Sekunden so stark beschlägt, dass man nichts mehr sieht und es wieder aufklappen muss.
Die Lüftung ändert daran (egal in welcher Stellung) nicht das Geringste.
Was sich aber bei offener Kinnlüftung sehr wohl ändert, ist die Geräuschkulisse.
War das Innengeräusch bei völlig geschlossenem Helm noch unangenehm, wird es beim Öffnen der Kinnlüftung schlicht unerträglich.
Ein niederfrequentes "Wummern" das ich nur wenige Sekunden ertragen konnte. Ähnlich wie wenn man bei einem Auto nur ein hinteres Seitenfenster öffnet.
Die Sonnenblende ist DEUTLICH zu kurz. Die Sicht auf die Straße wird zwar abgeschattet, dafür treten Reflexionen im unteren Bereich
(z.B. von den Instrumenten oder anderen Teilen des Motorrades) aber um so deutlicher hervor und stören enorm.
Alles in allem war ich sehr froh, nur ein Testobjekt gekauft zu haben, das ich jetzt schnell wieder abgeben werde.
Nach ungefähr einer Stunde habe ich für den Rest der Testfahrt wieder zu meinem Rueger gewechselt.
Welch eine Wohltat! Endlich konnte ich die Fahrt wieder geniessen.
Jetzt meine Frage an die Schuberth-Fahrer unter Euch:
Warum um alles in der Welt fahrt Ihr diese Helme?
Warum gewinnen diese Dinger fast jeden Test? Trotz Zitat: "Nur durchschnittliche Schlagdämpfungswerte." erhält so ein Ding ein "Sehr gut - nahezu perfekt". (Quelle siehe Helmtest weiter oben.)
Hallo? Geht's noch liebe Tester??
Die PRIMÄRFUNKTION eines Helmes ist der SCHUTZ. Wenn der eher durchschnittlich ist, dürfte die Gesamtnote nicht über ein "befriedigend" hinaus reichen.
Egal wie gut der Trage- und Fahrkomfort ist. Aber selbst der ist ja, zumindest aus meiner Erfahrung, mangelhaft bis ungenügend.
Und das zu dem Preis! Wie rechtfertigt sich der eigentlich?
Für mich schmeckt das alles nach dem Apple-Effekt: Teuer, unzureichende Funktion aber "hipp" und deshalb Objekt der Begierde.
Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass mir ein Schuberth nicht in's Haus kommt.
Ubd viel wichtiger: Kein Helmkauf ohne vorherige Testfahrt!
Zu guter letzt: Will jemand einen Schuberth Concept in Silber? Größe 56/57
Für den Gegenwert von 2 Tankfüllungen geht er über den Tisch.
Lothar