Sekundärer Hauptbremszylinder - das ewige Ärgernis

  • Hallo zusammen!


    Am Wochenende habe ich mir mal einen Tag Zeit genommen und das ganze Spiel nochmals ausgiebig untersucht.


    Ich habe die linke vordere Bremseinheit abgebaut und den Bremssattel - vor allem aber
    auch dessen Halterung, die ja den SHBZ enthält, komplett gereinigt und genau angeschaut.


    Vorweg:
    Der Kolben des SHBZ ist erst wenige hundert Kilomenter alt. Ich habe seinerzeit einen Überholsatz (Honda) verbaut.
    Die Zyliinderlauffläche wies keinen Abrieb auf, war mir jedoch zu rauh nach der
    letzten Aktion mit Honbürste und Co. (Siehe vorheriges Posting)


    Im Ausgebauten Zustand, mit reichlich DOT4 die Kolbendichtungen und auch den Zylinder befeuchtet, schafft es die Feder
    des SHBZ-Kolbens nicht, diesen auch nur einen Millimeter zu bewegen!
    Auch dann nicht, wenn man den Kolben quasi 'bis zum Anschlag' in den Zylinder drückt
    und damit die Feder maximal anspannt.
    Die Bypassbohrung und das Ventil in der kleinen weißen Kunststoffkapsel mit Filtersieben waren in einwandfreiem Zustand.
    Das Ventil habe ich für die Tests komplett entfernt.
    In diesem Zustand - ausreichend geschmiert und ohne externe Komponenten
    müsste nach meinem Dafürhalten der Kolben durch die Feder problemlos nach
    außen gedrückt werden können. Dem ist aber nicht so.


    Dann habe ich die Zylinderlaufflächen nochmals überarbeitet.
    Die von der Honbürste noch sehr rauhe Oberfläche gefiel mir nicht und ihre
    Gleit- und Abriebeigenschaften noch weniger.
    Ich habe mich dagegen entschieden, den Zylinder aufzuspannen und auszuspindeln,
    weil durch die nötige Spandicke die Innenmaße zu sehr verändert worden wären.
    Also schleifen.
    Zum Schleifen habe ich mir einen 10mm Dorn aus Rundholz mit einer Kerbe am Ende angefertigt.
    In diese Kerbe wird ein ca 1cm breiter und etwa 10cm langer Streifen Schleifpapier eingelegt und fixiert.
    Der Dorn wird zum Schleifen in schnelle Drehung versetzt und im Zylinder auf und ab geführt.
    Dabei legen sich die frei beweglichen Enden des Streifens durch die
    Fliehkraft an die Zylinderwände an und schleifen diese ab.
    Nach dem ersten Durchgang (400er mit schnell laufendem Akkuschrauber) waren bereits
    nach wenigen Sekunden die groben Riefen der Honbürstenbearbeitung entfernt.


    Ich habe mir dann aus einem Alu Reststück zum Testen einen vergleichbaren
    Zylinder angefertigt und ihn auf die gleiche Weise bearbeitet.
    Diesen Testzylinder habe ich dann im ersten Versuch in mehreren Stufen auf
    Hochglanz poliert und dann mit dem Kolben des SHBZ getestet.
    Es zeigte sich, dass der Kolben zwar im frisch mit DOT4 'geschmierten' Zustand
    sehr schön gleitet, er aber schon nach kurzer Zeit saugend fest sitzt, weil sich kein Schmierfilm
    zwischen Kolbendichtung und Zylinderwand aufbauen kann.


    Nach mehreren Versuchen habe ich als optimale Bearbeitung das Schleifen mit
    400er Schleifmittel und direkt anschließend das Einebnen der Spitzen der Schleifspuren mit 2000er Papier gefunden.
    Man erhält so eine matt glänzende Oberfläche auf der der Kolben dauerhaft gut rutscht.
    Die "tieferen" Riefen des 400er erlauben das Einlagern von
    Bremsflüssigkeit und die glatten Erhebungen vermindern den Abrieb an den aus Gummi bestehenden Kolbendichtungen.


    Nachdem ich den originalen Zylinder in gleicher Weise bearbeitet hatte zeigte sich,
    daß es die Feder noch immer nicht schafft, den Kolben zu bewegen.


    Deshalb halte ich diesen Aufbau für "broken by design" - zu deutsch für eine Fehlkonstruktion!
    Die Dimensionen "Außenmaß der Dichtung", "Innenmaß des Zylinders" und "Dimensionierung der Feder" passen einfach nicht zusammen.


    Daß die gesamte Geschichte nach Einbau eines neuen Kolbens für eine Weile fuinktioniert erkläre ich mir dadurch,
    daß die Gummidichtung des Kolbens unter Einwirkung der Bremsflüssigkeit langsam um einen gewissen Betrag
    quillt und dann schwergängig wird.
    Ich habe auch fest gestellt, das der originale von Honda verbaute, silberne Kolben mit den spiralförmigen Erhebungen
    besser (leichter) in die Zylinderbohrung passt. Offenbar hat dessen Dichtung einen leicht geringeren Durchmesser, als die
    des Reparatursatzes mit dem goldenen Kolben ohne Erhebungen.


    Da ich keine Lust hatte, das Ganze in einem nicht funktionierenden Zustand wieder zusammen zu bauen, habe ich zu
    einer etwas unkonventionellen Lösung gegriffen:
    In meinem Fundus habe ich eine Feder gesucht, die in etwa der des SHBZ Kolbens entspricht, jedoch ca. doppelt so stark ist.
    Nach Anpassung zeigte sich, daß diese doppelt so starke Feder es so gerade eben schafft, den (silbernen) Original-Kolben zu bewegen.


    Also alles nochmals gründlich gereinigt und gespült, mit DOT4 vorgefüllt und verbaut.
    Die Bremsanlage nach WHB entlüftet und Probefahrt gemacht.
    Man kann jetzt wieder mit der Vorderradbremse allein bremsen.
    Nach dem Bremsvorgang klappert der SHBZ leicht, was jedoch nach ein paar
    Metern/Sekunden verschwindet.
    Eine anschließende Kontrolle (Abbau der linken Bremseinheit, entfernen des Ansteuerhebels) zeigte, daß der SHBZ auch dicht ist.


    Bei Gelegenheit werde ich die Feder durch eine noch etwas stärkere austauschen und hoffe, daß dann ein für allemal Ruhe ist.


    Das sind meine Erfahrungen zu dem Thema, die ich hier weiter geben möchte.
    Mir ist klar, daß meine Lösung für andere wenig praktikabel ist, da sicher
    kaum jemand verwendbare Federn einfach so rum liegen hat.
    Auch ist mir bewußt, daß das Änderen der Federkraft sich auf die Verteilung der
    Bremskraft zwischen Vorder- und Hinterrad auswirkt.
    Allerdings habe ich nach kurzer Überlegung entschieden, daß im Vergleich zu den Kräften, die bei einer Bremsung auf den
    Kolben des SHBZ wirken, die verdoppelte Federkraft geradezu lächerlich unwesentlich ist. "Peanuts", wie man so schön sagt.


    Ich würde mich über Kommentare, eigene Erfahrungen und konstruktive Kritik freuen.


    Allzeit gute Fahrt!


    Lothar

  • Ich hätte eine kleine Bitte.


    Honda hat offenbar den SHBZ im Baujahr 2008 geändert.
    Jedenfalls sind die Teilebezeichnungen von XXXXX-MCS-G03 oder -G04
    ab 2008 in XXXXX-MCS-R02 geändert worden.


    Weiß jemand, was genau da geändert wurde?
    Sind Teile der beiden Baureihen untereinander mischbar?
    Der Kolben des SHBZ bis 2007 hat einen Durchmesser von 14mm (siehe WHB 17-23)


    Weiß jemand, ob das Klapperproblem auch noch bei Maschinen ab 2008 auftritt?
    Evtl. kann man ja bei den älteren Modellen die neuere Einheit verbauen, falls Honda da nachgebessert haben sollte...


    Danke!


    Lothar

  • Ich hab einen "Neue" in 2017 zugelassen. Baujahr weiß ich grad nicht, sollte aber das letzte gewesen sein.


    Das "Geklapper" was ich höre, ist von meiner Werkstatt bisher als "nix besonderes" qualifiziert worden. Da ich mehr oder weniger technischer Laie bin, weiß ich nicht, ob mein Problem das gleiche ist wie Deins, aber wenn ja, dann hätte sich nichts geändert.


  • Honda hat offenbar den SHBZ im Baujahr 2008 geändert.
    Jedenfalls sind die Teilebezeichnungen von XXXXX-MCS-G03 oder -G04
    ab 2008 in XXXXX-MCS-R02 geändert worden.


    Danke!


    Lothar


    Schick Oliver eine Mail ob die alten Teilenummer in die neuen Teilenummern referenziert werden

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.

  • Ab Model 2008 wurden die vorderen Bremsen, vermutlich aus Gründen der Vereinheitlichung mit anderen Modellen, geändert. Erkennbar an der gestanzten Blechscheibe für den ABS Sensor. Das hatte dann auch einen anderen Bremssattel und andere vordere Bremsbeläge zur Folge. Der bisherige Impulsring hatte ein „Zahnrad“ Profil und der ABS Sensor „schaute“ von oben auf den Ring; so wie beim Hinterrad.

  • Moin,


    ich habe meinen SHBZ jetzt auch mal auseinander genommen, obwohl es keine Auffälligkeiten gab.

    Ich kann es auch bei mir bestätigen, daß der eingedrückte Kolben nicht ohne weiteres von der Feder wieder komplett rausgedrückt wird. Muß er übrigens auch nicht. Er muß sich nur im Gehäuse frei bewegen können. Wenn die Feder dort ihren Dienst tut, ist es in Ordnung.


    Ich glaube, es ist sehr wichtig, den SHBZ richtig zu entlüften, also im ausgebauten Zustand und dann auf 0GRad gedreht. Siehe WHB.

    Und dann ist die Entlüftung mit Vaccum-Entflüfter aus meiner Sicht nur mäßig bis gar nicht geeignet. Das sage ich aus eigener Erfahrung. Zum Entleeren geht es, zum Entlüften nicht.


    Ich würde hier nur die manuelle Variante empfehlen: Also einer mit Ringschlüssel an der Entlüftungsschraube, ein zweiter am Bremspedal. Nur so bekommt man die Luft raus.

    Die Beschreibung von Blue-v klingt eher nach Luft im System. Meine Empfehlung: Nur manuell entlüften!!!!

    Also:

    Flüssigkeitsbehälter vom FHBZ öffnen, auffüllen.

    Linken Bremssattel komplett mit SHBZ ausbauen, auf 0Grad drehen.

    Dann gemäß WHB das PCV entlüften, manuell, ohne Vacuum.

    Dann rechten Sattel, manuell, untere Entlüftungsschraube,

    dann linken Sattel, manuell, untere Entlüftungsschraube.

    dann hinteren Sattel, manuell, mittlere Entlüftungsschraube.

    Also immer mit Drücken der Fußbremse, Öffnen/Schließen der Entlüftung, und gucken, ob noch Luft kommt.

    Und immer Bremsflüssigkeit nachfüllen, oder langen Schlauch legen von jeweiliger Entlüftungsschraube zum Flüssigkeitsbehälter des HBZ der Fußbremse..


    Entlüftungsschlauch am Bremssattel immer mit Bogen nach oben legen, damit die siehst, ob noch Luft kommt.


    So hat das bei mir gut geklappt. Vacuumentlüftung war Scheiße.


    Zur Not: Bei ebay gibt es gebrauchte SHBZ.......

    Noch Fragen? ;-)


    Das wird schon!

  • So, bei mir ist auch noch alles beim Alten. Die von mir gebraucht erstandenen und eingebauten Bremssättel sind noch aus der Serie bis 2007 (wurde mir aber als 2008er angeboten). Alle Bemühungen diesbezüglich mal eine Lösung zu finden sind bisher gescheitert. Einzige Änderung: Bei Temperaturen unter 10 Grad hört das klappern auf. Man sollte also mehr im Winter fahren. Ob ich noch mal Geld in neuere Bremssättel investiere weiss ich noch nicht. Es nervt zwar, aber da ich nicht selber schraube, hat mich das eh schon eine Stange Geld gekostet.:twisted::oops::(

  • Das Luftvolumen nimmt mit der Temperatur ab, vielleicht nicht richtig entlüftet.....

    ich tippe eher auf den Schwind bei kaltem Wetter und Ausdehnung bei warmen Wetter des Materials (Dichtungen).

    Ich hab mir einen gebrauchten Bremssattel samt SBZ gekauft.
    doch bei mir liegt das Problem irgendwo bei der hinteren Bremsventilen🙄...

    Lieber Kurven ohne Ende, als eine Ende ohne Kurven😇

  • Aber Lothar, weißt Du was....

    Ich habe mir nochmal Deine Beschreibungen angeguckt.


    Wenn sich der Kolben vom SHBZ im ausgebauten Zustand des SHBZ zwar reindrücken läßt, aber überhaupt nicht zurückkommt, dann würde ich sagen, daß er sich festgesaugt hat. Rein geht, die komprimierte Luft fließt über die Gummidichtung ab.

    Raus geht nicht, weil keine Luft angesaugt werden kann. Also stimmt vielleicht doch was nicht mit dem Zugang zur kleinen Bohrung.....


    Gruß Jan

  • Übrigens,


    wenn du die hintere, also rechte, Entlüftungsschraube des hinteren Bremssattels öffnest und nen Schlauch ranbastelst, kannst du den SHBZ mit der Hand betätigen.

    Also langsam reindrücken, so, als würde bei der Fahrt die Vorderbremse greifen.

    Dann müßtest Du aus dem hinteren Bremssattel Bremsflüssigkeit schieben.

    Du kannst es öfters wiederholen, aber nicht zu schnell, da sich der SHBz immer wieder füllen muß. Damit bekommst du aber die Luft direkt rausgepumpt.

    Den Vorratsbehälter des FHBZ dabei im Blick behalten...

    Dann nochmal die mittlere Schraube des hinteren Bremssattels entlüften, indem du die Fußbremse betätigst.

    Danach Entlüstungsschrauben zu.

    Der SHBz geht jetzt nur minimal zu schieben.....

    Wenn der Kolben im SHBZ nicht zurückkommt, dann saugt er sich fest. Es gibt also keinen Druckausgleich..........zwischen SHBZ und Fußbremse.


    Ja, habe Langeweile bzw. suche Ablenkung in der Garage. Zuviel stress um Weihnachten....


    Viel Spaß!